Weihnachtsbäume


Die Weihnachtsbäume

Nun kommen die Weihnachtsbäume
aus dem Wald in die Stadt herein.
Träumen sie ihre Waldesträume
weiter beim Laternenschein?

Konnten sie sprechen! Die holden Geschichten
von der Waldfrau, die Märchen webt,
was wir uns alles erst erdichten,
sie haben das alles wirklich erlebt.

Da stehn sie nun an den Straßen und schauen
wunderlich und fremd darein,
als ob sie der Zukunft nicht recht trauen,
es muß doch was im Werke sein.

Freilich, wenn sie dann in den Stuben
im Schmuck der hellen Kerzen stehn,
und den kleinen Mädchen und Buben
in die glänzenden Augen sehn,

dann ist ihnen auf einmal, als hätte
ihnen das alles schon mal geträumt,
als sie noch im Wurzelbette
den stillen Waldweg eingesäumt.

Dann stehen sie da, so still und selig,
als wäre ihr heimlichstes Wünschen erfüllt,
als hätte sich ihnen doch allmählich
ihres Lebens Sinn enthüllt;

als wären sie für Konfekt und Lichter
vorherbestimmt, und es müßte so sein,
und ihre spitzen Nadelgesichter
sehen ganz verklärt darein.

Gustav Falke


An der Straßenecke

An der Straßenecke, in der Häuser Gedränge,
in der Großstadt wogender Menschenmenge,
inmitten von Wagen, Karren, Karossen
ist heimlich ein Märchenwald entsprossen,
von leisem Glockenklingen durchhallt:
von Weihnachtsbäumen ein Tannenwald.
Da hält ein Wagen, ein Diener steigt aus
und nimmt den größten Baum mit nach Haus.
Ein Mütterchen kommt, und prüft und wegt,
bis endlich den rechten sie heimwärts trägt.
Verloren zur Seite ein Stämmchen stand,
das faßte des Werkmanns ruhige Hand.
So sah ich einen Baum nach den andern
in Schloß und Haus und Hütte wandern,
und schimmernd zog mit jedem Baum
ein duftiger, glänzender Märchentraum. -
Frohschaukelnd auf der Zweige Spitzen
schneeweißgeflügelte Englein sitzen.
Die einen spielen auf Zinken und Flöten,
die andern blasen die kleinen Trompeten,
die wiegen Puppen, die tragen Konfekt,
die haben Bleisoldaten versteckt,
die schieben Puppentheaterkulissen,
die werfen sich mit goldenen Nüssen,
und ganz zuhöchst, in der Hand einen Kringel,
steht triumphierend ein pausbackiger Schlingel.
Da tönt ein Singen, ein Weihnachtsreigen -
verschwunden sind alle zwischen den Zweigen.
Am Tannenbaum hängt, was in Händen sie trugen.
Ein Jubelschrei schallt; und von unten lugen
mit Äuglein, hell wie Weihnachtslichter,
glückselig lachende Kindergesichter.

Jakob Loewenberg


Das Tannenbäumchen

Im Wald, unter hohen Buchen versteckt,
hat sich ein Tannenbäumchen gereckt.
"Ich steh so ganz im Dunkel hier,
keine Sonne, kein Sternlein kommt zu mir,
hört nur die anderen davon sagen,
ich darf mich nicht vom Platze wagen.
Ach, ist das eine traurige Geschicht',
und ständ so gern auch mal im Licht!"

Hoch durch den weiten Weltenraum
verloren flog ein goldner Traum,
flog hin und her im Lichtgefieder
und dacht: Wo laß ich heut mich nieder?
Ist wo ein Hüttchen dunkel und arm?
Hat wo ein Seelchen Kummer und Harm,
dem ich auf meinen leuchtenden Schwingen
könnt heute eine Freude bringen? -

Das Bäumchen steht in Licht und Schein.
Wie mag das wohl gekommen sein?

Jakob Loewenberg


Das Weihnachtsbäumlein

Es war einmal ein Tännelein,
mit braunen Kuchenherzelein
und Glitzergold und Äpfelein fein
und vielen bunten Kerzelein:
Das war am Weihnachtsfest so grün,
als fing es eben an zu blühn.

Doch nach nicht gar zu langer Zeit,
da stand's im Garten unten,
und seine ganze Herrlichkeit
war, ach, dahingeschwunden.
Die grünen Nadeln war'n verdorrt,
die Herzlein und die Kerzlein fort.

Bis eines Tages der Gärtner kam,
den fror zu Haus im Dunkeln,
und es in seinen Ofen nahm -
hei! tat's da sprühn und funkeln!
Und flammte jubelnd himmelwärts
in hundert Flämmlein an Gottes Herz.

Christian Morgenstern


Tannen

Der Birschgang führte mich ins Tal
Zu immer grünen Tannen
Mir war's, als wollten sie zumal
Mich von der Stelle bannen.

Doch ragten sie in Waldeslust
Wie wunderschlanke Dirnen;
Es quoll des Harzes frischer Duft
Aus schwarzumlockten Stirnen.

Es mahnte mich der süße Hauch
An fröhliche Weihnachten
Und an des Pfeffertages Brauch,
An wilde Knabenschlachten.

Die schönen Zeiten sind entflohn
Und kehren nimmer wieder,
Als in der Leier weichem Ton
Der Wehmut sanfte Lieder.

In meine Seele trat geschwind
Mein liebstes Bild: ich dachte,
Wie mir daheim ob meinem Kind
Die holde Gattin wachte.

Nun fasst ich ohne Unterlass
Ein Tännchen in die Augen,
Das soll fürwahr als Weihnachtsspaß
Für meinen Buben taugen!

Alexander Graf von Württemberg


Das Tannenbäumchen

Du dort in der Waldeskluft
Dunkelgrün mit harz'gem Duft,
Sprich, was willst du einst auf Erden,
Schmuckes Tannebäumchen ! werden?

Willst du stehn am Weg als Bank?
Sagt der Wandrer: Schönen Dank!
"Hat er erst bequem gesessen,
Wird er Rast und Dank vergessen."

Willst du First sein auf dem Dach?
"Sturm und Blitze drohn ihm Schmach."
Willst du sein ein Schiff im Meere?
"Fürchte mich vor Riff und Schere."

Willst du sein die Totentruh',
Wo da waltet tiefe Ruh?
"Möchte fast danach mich sehnen,
Fielen drauf nicht bittre Tränen."

Werde nur erst stark und groß,
Findet sich von selbst dein Los.
"Zu erfreun, gleich hingegeben,
Hätt' ich gern mein junges Leben."

Dacht' ich's doch; vom neuen Haus
Willst du wehn als Meisterstrauß.
"Ach! Der muss nach wen'gen Tagen
Seinem lust'gen Thron entsagen."

Ei, was willst du sonst denn sein?
Bist zu allem noch zu klein.
"Wer beglücken kann, der eile;
Kurzes Leben lässt nicht Weile."

"Borge meinen Reisern hold
Nüss' und Äpflein, blank von Gold,
Zwischen meinem ernsten Dunkel
Weck' ein fröhlich Lichtgefunkel."

"Und zur heil'gen Weihnacht stell'
Heimlich mich ins Stübchen hell;
In der Kinder lieb Gewimmel
Bring' ich dann - den ganzen Himmel."

Karl Gottfried Ritter von Leitner


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